STEAK-GRILLKURS: „IMMER SCHöN GEGEN DIE FASER SCHNEIDEN“

„Zum Abschluss noch etwas Leichtes“, sagt Marco, grinst ein wenig und schiebt dann zusammen mit Max den großen Rolltisch mit dem Heidelbeer-Cheesecake heran. Leichtes Stöhnen und Gelächter aus der Runde. Eigentlich sind die meisten inzwischen pappsatt. Aber den im Dutch Oven, einem schweren Topf aus Gusseisen, gegarten Kuchen wollen natürlich alle trotzdem probieren. Steaks und Würste, Fisch und Gemüse haben sie schon über glühenden Kohlen oder über der Gasflamme gegart. Aber eine Nachspeise – das ist für die meisten neu.

Es ist Sonntagabend um kurz vor zehn, das Grill-Seminar bei „360 Grad BBQ“ neigt sich dem Ende zu. Seit zehn Jahren verkaufen Nicole und Jens Kurzweil in ihrem Grill-Fachgeschäft an der Hanauer Landstraße in Frankfurt alles, was es zum Thema Grillen gibt: Holzkohlegrills, Gas- und Elektrogrills, Smoker, Tischgrills, Keramikgrills, Planchas, Outdoorküchen, Feuerstellen, jede Menge passendes Zubehör, Kohle, Pellets, Messer, Soßen, Gewürze und sogar Grillbücher. Und sie veranstalten regelmäßig Grillseminare. 15 verschiedene Themen stehen zur Auswahl, heute Abend geht es um „Pure Steak-Leidenschaft“.

Marco Schmidt-Oertling und Max Toro sind die beiden Grillmeister im „360 Grad BBQ“, sie führen die Gäste durch das Programm. Es gilt das allgemeine Griller-Du. Max ist 34 Jahre alt und gelernter Koch, Marco 28 Jahre und eigentlich Industriekaufmann. „Aber ich hab’ mein Hobby zum Beruf gemacht.“

Teurer Grill

An diesem Sonntag haben die beiden schon am Mittag die erste Gruppe in die Kunst des Garens über offenem oder indirekten Feuer eingeführt, der Kurs jetzt am Abend ist für sie ein bisschen entspannter, denn statt der üblichen 25 sind nur 16 Gäste gekommen, darunter vier Frauen. „Das ist die übliche Quote“, sagt Marco. Das sei bei allen Kursen so, nicht nur, wenn es um Steaks gehe. „Grillen ist meistens eben doch noch so ein Männerding – keine Ahnung, warum.“

Tatsächlich sind es im Laufe des Abends vor allem die Männer, die ordentlich anpacken. Als Marco und Max im Veranstaltungsraum des „360 Grad BBQ“ die Gruppe nach der kurzen Einführung an den großen Tisch mit den Schneidbrettern und den Zutaten bitten, legen die Grillfreunde ohne Zögern los: Erst schneiden sie Tomaten und Speck, schnippeln Zwiebeln, hacken Schnittlauch, halbieren die dicken Kartoffeln und wickeln sie in Alufolie, schneiden den Tafelspitz und die Roastbeef-Stücke zu Steaks („immer schön gegen die Faser“), entfernen die dicke Sehne aus dem Nierenzapfen, ritzen die Fettdeckel längs und kreuzförmig ein, matschen aus Salz, Zucker und Rum eine Beize für die Schweinesteaks – und rühren die Masse für den Cheesecake. „Ich hab’s ja eigentlich nicht so mit dem Backen“, sagt ein Mittvierziger. „Aber mit dem Dutch Oven ist das einfach nur geil.“

Bevor der Kuchen auf den Tisch kommt, geht es aber vor allem um eins: Fleisch. Auf dem Programm stehen zunächst marinierte Lamb Chops, im zweiten Gang Tafelspitz, Nierenzapfen vom Rind („in Amerika heißt das Hanging Tender, in Frankreich Onglet“) und Clubsteaks vom Berkshire-Schwein, dazu Tomatensalat, anschließend argentinisches und uruguayisches Roastbeef mit Folienkartoffeln, Schnittlauchschmand und Speck – und dann erst der Cheesecake.

Nachdem das Schnippeln, Schneiden, Rühren und die sonstige Vorarbeiten erledigt sind, geht es vor die Tür: Die Tafelspitz-Steaks und die Roastbeef-Stücke werden im Smoker („ohne Smoke“) auf eine Kerntemperatur von 55 beziehungsweise 52 Grad vorgegart („ohne Thermometer geht gar nichts“), und die Folienkartoffeln kommen in ein großes Keramik-Grill-Ei.

Was so ein Teil kostet, will einer wissen. Gut 3000 Euro, sagt Marco. „Aber dafür ist es die perfekte Multi-Waffe für Sommer und Winter.“ Dann geht es an die große Feuerschale, die Marco und Max mit Buchenholz angefeuert haben. Auf dem heißen Rand werden die Lammrippchen gebrutzelt. Die Flammen schlagen hoch, das Fleisch zischt, Marco erklärt, was bei der Feuerschale zu beachten ist – und die Gäste denken an die Getränke-Flatrate und genehmigen sich noch ein Glaabs-Bräu oder ein Glas Wein.

Einen klaren Favoriten gibt es nicht

Auch beim Garen der Nierenzapfen und vor allem der Schweine-Clubsteaks, von denen Max inzwischen die Beize abgewaschen hat, gibt es wegen des hohen Fettanteils des Fleisches auf den beiden Gasgrills ordentlich Flammen zu sehen. Marco gibt Tipps und Kniffe zum Besten und beantwortet auch beim Grillen des Tafelspitz’ an der Feuerschale und später beim Finish der vorgegarten Roastbeef-Stücke alle möglichen Fragen („Was macht man, wenn die Fettwanne Feuer fängt?“ – „Nicht panisch werden, einfach ausbrennen lassen.“).

Und zwischen den beiden Fleischgängen erklärt er dann mithilfe einer Schautafel noch die zahlreichen Stücke, die man beim Rind unterscheidet. Die Gäste futtern derweil das aufgeschnittene Fleisch und diskutieren, ob sich die beiden Roastbeef-Sorten unterscheiden und wem welches Fleisch insgesamt am besten gefallen hat.

Einen klaren Favoriten gibt es am Ende nicht. „Am meisten hat mich das gebeizte Schwein überrascht“, sagt einer, der schon ein paar Kurse hinter sich hat. Aber das gilt wohl auch für den Cheesecake, der nach einer Stunde perfekt wackelig, aber nicht zu weich aus dem mit Kokosbriketts angeheizten Dutch Oven kommt. Nur eins ist dieser Kuchen sicher leider nicht: etwas Leichtes.

360 Grad BBQ Hanauer Landstraße 427, Frankfurt, www.360bbq.de. Die Grillseminare kosten zwischen 109 und 199 Euro und sind online zu buchen.

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